Page 16 - Adlershof Journal November/Dezember 2016
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Psychologin Julia Baum nach ihrem                                                                                                                                                                              FORSCHUNG
           Lieblingsessen befragt: „Das sind
           vietnamesische Ricepaper Rolls, die
                                                                                                                               Filme aus der Nanowelt
           ich am liebsten selbst mache.“




                                                                                                                               Stefan Eisebitt geht den Dingen auf den Grund. Er untersucht mit ultraschnellen Lichtpulsen nicht nur, wie Materie
                                                                                                                               im „Ruhezustand“ aufgebaut ist, sondern auch, wie sich Anregungen der Elektronen auf Materialeigenschaften wie
                                                                                                                               etwa den Magnetismus auswirken. Darüber hinaus möchte der 51-jährige Experimentalphysiker auch Materialien
                                                                                                                               im Nanobereich gezielt gestalten.


                                                                                                                               Seit 2015 ist Stefan Eisebitt einer der drei
                                                                                                                               Direktoren  des  Adlershofer  Max-Born-
                                                                                                                               Instituts für Nichtlineare Optik und Kurz-
                                                                                                                               zeitspektroskopie  (MBI)  und  bereits  seit
                                                                                                                               2008  Professor  an  der  Technischen  Uni-
                                                                                                                               versität Berlin. Nach dem Studium an der
                                                                                                                               Universität Köln, wo er auch promovierte,
                                                                                                                               interessierte  ihn  bei  seiner  Forschung  in
                                                                                                                               Jülich, Vancouver, Stanford und schließlich
                                                                                                                               seit 2002 in Berlin vor allem, wie sich elek-
                                                                                                                               tronische und magnetische Eigenschaften
                                                                                                                               ändern, wenn Festkörper mit Lichtpulsen
                                                                                                                               bestrahlt  werden. „Das  Licht  wird  absor-
                                                                                                                               biert und die Elektronen werden kurzzei-
                                                                                                                               tig in andere Quantenzustände angeregt“,
                                                                                                                               sagt Eisebitt.

                                                                                                                               Elektronen bestimmen, ob Festkörper me-
        Diese Wechselwirkung zwischen dem, was das Gehirn über die   „Auch  hier  konnten  wir  zeigen,  dass  ein  Gesicht  und  dessen    tallisch sind oder halbleitend, durchsichtig
        Retina des Auges an Mimik empfängt, und unserem sogenann-  Mimik  positiver  bewertet  wurde,  wenn  die  Zusatzinformati-  oder nicht. Auch der Zustand der Magne-
        ten „affektiven Wissen“ über ein Gegenüber ist nur vermeintlich   on den Menschen als sympathisch darstellte“, erläutert Baum.   tisierung  hängt  von  den  Elektronen  ab,
        banal. Manche psychologischen Schulen halten bis heute an der   Für ihre Dissertation hat sich die Kognitionspsychologin vorge-  die wiederum von den Schwingungen der
        These  fest,  dass  allen  Menschen  die  Fähigkeit  mitgegeben  ist,   nommen, das Wechselspiel zwischen äußerem Eindruck, biogra-  Atome  im  Kristallgitter  beeinflusst  wer-
        schon anhand kleinster mimischer Regungen zu entschlüsseln,   phischem Wissen und Emotion noch besser zu verstehen. Wie   den. „Wir  schauen  uns  das  auf  den  sehr   Laborarbeit:	Stefan Eisebitt am Max-Born-Institut
        was jemand fühlt, ob er lügt oder die Wahrheit sagt. „Vertreter   entwickelt sich der Eindruck, den man von einem bestimmten   kurzen  Zeitskalen  an,  die  solche  elektro-
        dieser  Schule  bieten  sogar  Trainings  an,  um  Ausdrücke  inter-  Menschen gewonnen hat, über einen längeren Zeitraum? Sind   nischen Bewegungen mit sich bringen“,   Im Labor funktioniert das schon, etwa bei   gearbeitet, und sie wird nun nicht nur in
        pretieren zu lernen“, sagt Baum. „Dabei wird der Einfluss des    eingefräste  Ansichten  über  ein  Gegenüber  revidierbar?  Solche   sagt  Eisebitt.  Das  dauert  nur  wenige    Material aus Eisen-Gadolinium, doch ken-  Adlershof  an  BESSY  II,  sondern  auch  an
        Vorwissens über ein Gegenüber allerdings vernachlässigt.“  und ähnliche Fragen stellt sich die junge Forscherin, die für die   Femtosekunden  (millionster  Teil  einer    nen  die  Forscher  die  Abläufe  noch  nicht   Röntgenlasern weltweit eingesetzt. Mitt-
                                                              Vorbereitung  ihrer  Promotion  mit  dem  Stipendium  Humboldt   Milliardstel  Sekunde).  Das  System  wird   genau.  Wesentlich  für  die  Aufklärung   lerweile  können  manche  dieser  Experi-
        Die  29-Jährige  untersucht  genau  diesen  Einfluss:  In Testreihen   Research Track gefördert wird, das im Rahmen der Exzellenziniti-  mit einem kurzen Lichtpuls angeregt und   ist  die  Nutzung  weicher  Röntgenstrah-  mente  mit  ultrakurzen  XUV-Pulsen  aber
        mit freiwilligen Studienteilnehmern messen Baum und ihre Kol-  ative ins Leben gerufen wurde.                          mit einem zweiten Lichtpuls abgefragt. So   lung  (XUV)  im  Wellenlängenbereich  von   auch  ohne  große  Elektronenbeschleu-
        legen mithilfe des Elektroenzephalogramms (EEG), was im Ge-
                                                                                                                               erhält man zeitabhängige Informationen,   wenigen  Nanometern  (millionstel  Milli-  niger  realisiert  werden.  „Viele  Versuche
        hirn beim Betrachten eines Gesichts wann passiert. Bis zu einer   Baum überlegt sich nun, wie sie die Testreihen gestalten muss,
                                                                                                                               quasi Filme aus der Nanowelt mit Elektro-  meter). Damit lassen sich die Elektronen   zu  den  magnetischen  Umschaltvorgän-
        ersten  Einschätzung  vergehen  nur  200  Millisekunden  und  ab   um auf ihre vielen Fragen möglichst valide Antworten zu bekom-
                                                                                                                               nen als Hauptdarstellern.           „punktgenau“  zwischen  Energieniveaus   gen  werden  wir  direkt  am  MBI  machen
        etwa 400 Millisekunden beginnt schon ein elaborierter Prozess.   men. Ihre Arbeit sieht sie auch im Kontext der Informationsflut
                                                                                                                                                                   verschieben  und  somit  spektroskopisch   können“,  sagt  Eisebitt.  Auch  die  Zusam-
        „Diesen dynamischen Prozess schauen wir in unseren Analysen   durch Internet und neue Medien, die in hohem Tempo und oft   Die  Blitze  können  aber  auch  bewirken,   die magnetischen Eigenschaften an jeder   menarbeit  mit  dem  nebenan  liegenden
        genau  an“,  erklärt  Baum.  Für  die  Forscher  ist  die  entscheiden-  „stark emotional“ auf Menschen einströmten und etwa im Fall   dass sich magnetisch geordnetes Materi-  Atomsorte einzeln ermitteln.   Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ)
        de  Frage,  wie  die  visuelle  Information  den  Eindruck  prägt  und   des  Amoklaufs  von  München  die  Panik  übermäßig  schürten.   al entmagnetisiert. Zudem lässt sich mit             sei  angedacht,  beispielsweise  bei  der  Er-
        wie entscheidend das gelernte Wissen ist. In den Tests werden   „Wir verlassen uns auf unser Urteilsvermögen und unsere Fähig-  zirkular polarisierten Lichtpulsen die Ma-  Die kurze Wellenlänge der XUV-Strahlung   forschung  dünner  Metalloxidschichten,
        den Probanden – pro Experiment sind es bis zu 30 – nicht nur     keit, Gesichter ‚lesen‘ zu können. Mich reizt es sehr, etwas, das   gnetisierung  kontrolliert  umdrehen.  Das   ermöglicht  auch  Abbildungen  im  Nano-   die interessante magnetooptische Eigen-
        Prominente  gezeigt.  Gemessen  wird  auch  die  Wirkung  unbe-  so  offensichtlich  erscheint,  zu  hinterfragen,  um  besser  zu  ver-   ist technisch außerordentlich interessant,   meterbereich.  Dafür  nutzen  die  MBI-   schaften zeigen können. pj
        kannter Gesichter, über die nur kurz vorher biographische Anga-  stehen,  wie  unser  menschliches  Urteilsvermögen  tatsächlich   da man es für extrem schnelle Datenspei-  Forscher die Technik der Röntgenhologra-
        ben gemacht werden.                                   funktioniert.“ cw                                                cherung  auf  Festplatten  nutzen  könnte.    phie.  An  deren Verfeinerung  hat  Eisebitt

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                                                                                                                                                                                           ANMELDEN!
                                                                                                                                Hörakustik Lehmann sucht 100 Testhörer                       Anzahl der
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                                                                                                                                                                                            ist begrenzt!
                                                                                                                                                                                                          Parkplätze im Parkhaus direkt gegenüber
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        16    Adlershof Journal  |  November_Dezember 2016                                                                                                                                           Adlershof Journal  |  November_Dezember 2016  17
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