Page 6 - Adlershof Journal September/Oktober 2016
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TITELTHEMA                                                                                                                                                                  Chemiestudent und solaga-Mitgründer
                                                                                                                                                                                     David Feustel
        Ein Blick                                                                                                                                                                    „Adlershof ist schon spitze, hat aber dennoch Potenzial“, urteilt






        nach vorn                                                                                                                                                                    Michael  Scheiding,  Geschäftsführer  der  Astrofein  GmbH,  die
                                                                                                                                                                                     unter  anderem  Hochpräzisionstechnik  für  die  Raumfahrt  ent-
                                                                                                                                                                                     wickelt und fertigt. Durch die Universität und die Forschungs-
                                                                                                                                                                                     institute werde es weiterhin Neugründungen geben, von denen
                                                                                                                                                                                     sich  einige  durchsetzen  werden.  Auch  die  Forschungsbereiche
                                                                                                                                                                                     großer  Unternehmen  profitierten  von  diesem  innovativen  Kli-
                                                                                                                                                                                     ma, sodass Adlershof einen heterogenen Mix verschiedener Dis-
                                                                                                                                                                                     ziplinen  und  Unternehmensgrößen  hervorbringen  werde. „Ich
                                                                                                                                                                                     hoffe, dass der Campus und Technologiepark so von Firmen mit
        25 Jahre Technologiepark Adlershof – Zeit sich zurück-                                                                                                                       einem Kooperationsgeist gefüllt wird. Doch da gibt es noch Re-
        zulehnen und auf Erreichtes zu blicken? Das passt nicht                                                                                                                      serven, denn es liegt bei den Akteuren, aufeinander zuzugehen“,
        zu den Treibern des Wissenschafts- und Wirtschaftsstand-                                                                                                                     betont Scheiding. Die Wissenschaft sollte die Probleme der Un-
                                                                                                                                                                                     ternehmen wahrnehmen und gleichzeitig sollte die Wirtschaft
        ortes. Die Erfolgsgeschichte wird weitergeschrieben.                                                                                                                         die  Produktivkraft  der  Forschung  erkennen.  „Gleiches  gilt  für
        Zeit also nachzufragen, wonach Adlershofer Unternehmer                                                                                                                       den Raumfahrtstandort Adlershof“, sagt Scheiding. Kleinsatelli-
                                                                                                                                                                                     ten, Komponenten, Experimente, Instrumente und Technologien
        in den nächsten Jahren streben.
                                                                                                                                                                                     gingen schon heute aus Adlershof in die Welt und dann ins All.
                                                                                                                                                                                     Scheiding: „Allerdings sind wir noch nicht auf Augenhöhe mit
                                                                                                                                                                                     den  größten  deutschen  Raumfahrtstandorten.  Dazu  muss  die
                                                                                                                                                                                     Kraft der Raumfahrt aus Adlershof auch in der Politik besser ab-
        David  Feustel  und  die  WISTA-MANAGEMENT  GMBH  (Wista)    In der Energiewirtschaft gehe der Trend künftig zu vernetzten   Zukunft – das heißt aber auch Nutzen aus der Vergangenheit zie-  gebildet sein.“
        haben  eine  Gemeinsamkeit:  Beide  gibt  es  seit  25  Jahren.  Und   und klimaneutralen Technologien. „Diese Entwicklung wird auch   hen. Die Wista verfüge über einen außergewöhnlichen Wissens-
        noch was: Beide wirken sehr erfolgreich in Adlershof. Die Wista   von  Adlershof  aus  vorangetrieben  werden,  vor  allem  was  die   und  Erfahrungsschatz,  der  unbedingt  weitergegeben  werden   Wird  in  25  Jahren Weltraumtourismus  etabliert  und  Astrofein
        ist auf ihrer Mission, den Campus zu entwickeln, natürlich schon   Hardware anbelangt“, sagt der Gründer. Es ist wohl kein Zufall,   müsse. „Adlershof hat schon heute als Modell Schule gemacht,   ein  bedeutender  Zulieferer  sein?  „Davon  gehe  ich  fest  aus!“,
        einen Tick länger aktiv. Feustel studiert zwar noch, steht kurz vor   dass sich die Wege der beiden 25-Jährigen im Technologiepark   wir sind vielerorts in Berlin aktiv.“   erwartet Scheiding. Was auch für Astrofein nicht ohne Folgen
        dem Master in Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin,   Adlershof kreuzten: „Hier wird vieles in die Hand genommen und                                                 bleiben wird: „Im Moment sind wir noch nicht unter den Top 3
        doch mit seinen 25 Jahren ist er bereits Mitgründer der Biotech-  schnell umgesetzt. Der Standort hat sich rasant entwickelt – und   Sillmanns Blick in die Zukunft bleibt realistisch: Man werde ei-  im internationalen Vergleich. Aber wir arbeiten mit Hochdruck
        firma solaga. Das Start-up möchte mit einem Verfahren, bei dem   so wird es auch weitergehen“, erwartet Feustel. Ein gutes Pflas-  nen Beitrag zur „Smart City“, der „intelligenten Stadt“ der Zu-  daran, unsere Produkte weiter nach vorn zu bringen und mehr
                                                                                                                               kunft leisten. „Sie entsteht aber nicht durch einen Masterplan,
        Cyanobakterien aus Algen mittels CO 2 und Sonnenlicht Biogas   ter für Gründer, aber auch größere Unternehmen, findet er.                                                    ‚Adlershof im All‘ zu haben“, ist der Astrofein-Chef optimistisch.
        erzeugen,  eine  ökologische  Alternative  für  fossile  Heizanlagen                                                   sondern resultiert aus einer Vielzahl von Innovationen, die heute   „Wenn wir unserem Motto auch in den nächsten 25 Jahren treu
        auf den Markt bringen. Die Technik arbeitet autark, ist nach Be-  Fragt man Roland Sillmann nach der Vergangenheit, wiegelt er   noch niemand voraussehen kann.“ Hier liege eine große Chan-  bleiben, mit dem Markt, mit dem Kunden mitzudenken, dann
                                                              ab: „Wir haben heute einen sehr hohen Entwicklungsstand er-      ce für Adlershof. Unser Ziel ist es, dass die Produkte, die man für
        rechnungen effizienter als Photovoltaikanlagen, und der mit ihr                                                                                                              werden wir ein prägender Bestandteil von Adlershof bleiben.“
        gewonnene Brennstoff – Methan – ist besser speicherbar.   reicht“,  sagt  der Wista-Geschäftsführer,  der  seit  Jahresbeginn   „Smart Citys“ weltweit braucht, aus Adlershof kommen. „Daher
                                                              die Geschicke des Standortbetreibers lenkt. Für ihn ist das zu-  werden wir unsere Infrastruktur dafür nutzen, um entsprechen-  Auch Feustel sieht sich in 25 Jahren weiterhin als Unternehmer:
                                                              nächst einmal nur ein Etappenziel: „Damit dürfen wir uns nicht   de Pilotprojekte zu initiieren, im Energiesektor etwa, aber auch   „Ich möchte selbstständig arbeiten, Relevantes schaffen, etwas
                                                              zufrieden geben.“                                                in der E-Mobility.“                                   für die Umwelt tun“, sagt er mit Blick auf die Zukunft. cl/pst

                                                              „Wir sind eine landeseigene Gesellschaft, unsere Aufgabe ist, in
                                                              Berlin Wirtschaftswachstum zu generieren.“ Daran werde sich
                                                              auch in Zukunft nichts ändern. Insofern ist Zukunft für Sillmann
                                                              zunächst ein nüchterner Blick auf Zahlen: „Wenn wir das Wachs-
                                                              tum der vergangenen Jahre zu Grunde legen, ist dieser Stand-
                                                              ort in fünf Jahren entwickelt.“ Dann werden hier rund 20.000
                                                              Menschen  in  rund  1.200  Unternehmen  arbeiten  können,
                                                              „vorausgesetzt,  dass  uns  die  Konjunktur  keinen  Strich  durch
                                                              die Rechnung macht.“
                                                              Es gehe jetzt darum, „dass Berlin zu den fünf Topstandorten für
                                                              Forschung und Entwicklung in Europa aufsteigt“. Die Wista sorgt
                                                              dafür, dass in unmittelbarer Nachbarschaft zur exzellenten Wis-
                                                              senschaftslandschaft optimale Bedingungen für die Gründung,
                                                              die Ansiedlung und das Wachstum von Hochtechnologieunter-
                                                              nehmen  herrschen.  Adlershof  werde  ein  Ort  kontinuierlichen
                                                              Wachstums sein, ohne hektisches „Auf und Ab“. Die Unterneh-
                                                              men  in  Adlershof  „sind  mehrheitlich  im  Industriekundenge-
                                                              schäft tätig, sie stellen hoch spezialisierte Produkte her. Sie pla-
                                                              nen langfristig.“


        Wista-Chef Roland Sillmann schaut lieber nach vorn, als sich auf Lorbeeren auszuruhen                                  Ein gutes Team: Sebastian Scheiding löst Vater, Michael Scheiding, als Geschäftsführer bei Astrofein ab


        6     Adlershof Journal  |  September_Oktober 2016                                                                                                                                            Adlershof Journal  |  September_Oktober 2016  7
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