Page 5 - Adlershof Journal November/Dezember 2017
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INTERVIEW                                                                                          MENSCHEN
 Name: Andreas Mattulat
 Beruf: Lebensmittelchemiker
 Jahrgang: 1962
        Fernöstlicher Kraftquell
 Wohnort: Berlin-Tempelhof


 Kann ich mich auch als Privatperson an   Druckereichef Mike Richter schwört auf chinesische Entspannungstechniken
 Sie wenden?
 Natürlich,  obwohl  Privatpersonen  nur
 einen  Bruchteil  unseres  Umsatzes  aus-  Einen quirligen Menschen nennt er sich. Von Natur aus, sagt
 machen.  Wer  etwa  im  Eigenheim  sein   Mike  Richter,  sei  er  sogar  ein „sehr  quirliger“.  Allerdings  auch
 Dachgeschoß ausbauen oder eine Immo-  einer,  der „schnell  abschalten“  könne: „Ich  brauche  kein  Hilfs-
 bilie erwerben möchte, dem empfehle ich,   mittel,  um  einzuschlafen.“  In  seiner  Lebenslage  ist  das  ein
 diese  auf  Holzschutzmittelaltlasten  und   unschätzbarer  Vorzug.  Richter  ist  „Inhaber  einer  Firma  mit
 Schadstoffe untersuchen zu lassen.   täglich wechselndem Programm“, trägt die Verantwortung für
        drei  Mitarbeiter. „Kampfwochen  mit  60  Stunden“  gehören  zu
 Was kostet so eine Schadstoffunter-   seinem Alltag: „Jeder, der viel um die Ohren hat, merkt, dass es
 suchung?  schlaflose Nächte gibt.“ Für ihn, wie gesagt, kein Thema mehr.
 Das  ist  abhängig  von  Art  und  Umfang
 der Untersuchungen. Sie beginnen bei 80   Den  Besucher  empfängt  Richter  inmitten  halb  ausgepackter
 Euro netto.   Kisten  im  neuen  Firmendomizil. Vom  anderen  Ende  der  Etage
        tönt  das  Tuff-Tuff-Tuff  der  Offsetdruckmaschinen  herüber,
 In Adlershof gibt es zahlreiche Analytik-  nebenan  surren  diskret  die  Digitaldrucker.  „Kopie  und  Druck
 dienstleister. Worauf spezialisiert sich   Adlershof“  ist  vom  bisherigen  Standort  Am  Studio  an  den
 Im Gespräch mit   PiCA?  Segelfliegerdamm  gezogen.  Von  der  Visitenkarte  zum  groß-

 Als  akkreditierter  Spezialanalytikanbie-  formatigen  Werbebanner  reicht  die  Produktpalette,  gedruckt
 ANDREAS MATTULAT  ter  haben  wir  relativ  wenige  Standard-  wird  auf  Textil,  Papier,  Folie,  mittlerweile  zu  80  Prozent  mit
        digitaler Technik. Damit haben sich die Abläufe rasant beschleu-
 untersuchungen,  sondern  entwickeln  für
 unsere Kunden passgenaue Analytik. Das
        zeug  aus  Samarkand  50  Visitenkarten  bestellte,  bei  einem
 erklärt auch den hohen Akademikeranteil   nigt. Richter erinnert sich an einen Kunden, der aus dem Flug-
 Wer freiwillig weit vor 6:00 Uhr aufsteht,   Fipronil in Hühnereiern, Glykol im   unserer  Mitarbeiter,  der  über  50  Prozent   Zwischenstopp in Schönefeld die fertige Ware abholte und nach
 um ins Büro nach Adlershof zu fahren,   Wein – Lebensmittelskandale bestim-  liegt.  Zuletzt  haben  wir  unser  Portfolio   Moskau weiterflog.
 muss Frühaufsteher sein oder sehr gro-  men häufig die Schlagzeilen. Sind Sie   erweitert um die Analytik von Pestiziden   Hervorgegangen ist die Firma aus der einstigen Hausdruckerei
 ßen Spaß an der Arbeit haben. Letzteres   besonders vorsichtig, was Sie essen?  in Lebensmitteln wie Tee, Kräuter, Hopfen   des  DDR-Fernsehens,  wo  Richters  Schwiegervater  1972  als  Ge-
 trifft auf Andreas Mattulat zu. Er ist   Nein, ich nenne das Risikostreuung und   und Öl.  schäftsführer einstieg und mit der sich dieser nach der Wende
 Gründer und Geschäftsführer der PiCA   esse  alles  in  Maßen.  Frische  saisonale   Woher holen Sie Ihren Nachwuchs?  selbstständig machte. Adlershofer Urgestein. Richter selbst ist
 Prüfinstitut Chemische Analytik GmbH.   Produkte bestimmen dabei meinen Spei-  Wir  bieten  Praktika  an,  arbeiten  eng  mit   seit  1992  dabei,  übernahm  acht  Jahre  später  den  Chefposten.
 Fasziniert von Chemie war er schon als   seplan.  den  Berliner  Oberstufenzentren  Emil-   Etwa ein halbes Jahrzehnt ist es her, als er „gesundheitlich arg
 Zehntklässler. Diese Leidenschaft ist bis   Fischer-Schule  und  Lise-Meitner-Schule   angeschlagen  war“,  da  hatte  der  heute  51-jährige  das  Gefühl:
 heute ungebrochen, auch wenn er inzwi-  Fast täglich gibt es Lebensmittelrück-  sowie  der  Technischen  Universität  Ber-  „Jetzt müssten wir mal was machen, was dem Körper gut tut.“
 schen nicht mehr selbst im Labor steht.   rufaktionen. Woran liegt das?  lin  zusammen.  Studenten  schreiben  ihre
 Den ersten Businessplan hatte er bereits   Es wurde noch nie so viel kontrolliert wie   Bachelor-,  Master-  und  Doktorarbeit  bei   Der hilfreiche Hinweis kam damals von der Schwiegermutter, die
 1997 in der Schublade. Doch erst der sich   heute.  Die  zahlreichen  Kontrollen  und   uns.  Wir  überlegen,  künftig  selbst  aus-  sich als Physiotherapeutin in die Geheimnisse der traditionellen
 abzeichnende Verkauf der Adlershofer   besseren  Analysemöglichkeiten  führen   zubilden  im  Rahmen  einer  Verbundaus-   chinesischen Medizin vertieft hatte und Richter in die Entspan-
 Sofia GmbH, bei der Mattulat fünf Jahre   auch  zu  einer  Zunahme  von  positiven   bildung.  nungstechniken Qi Gong und Tai Chi einführte. Er ist dabei ge-
 beschäftigt war, gab schließlich den   Nachweisen. Die überwiegende Zahl der   blieben, betreibt seither zweimal wöchentlich im Kreis von etwa   Ganz bei sich selbst: Mike Richter zieht Kraft und Ruhe aus asiatischen
 Anstoß, selbst Unternehmer zu werden.   Hersteller  kommt  ihrer  Sorgfaltspflicht   Wo sehen Sie PiCA in zehn Jahren?  20 Mitgliedern eines Sportvereins an seinem Wohnort Köpenick   Entspannungsübungen
 Das war im Jahr 2003, der Geburtsstunde   nach und ruft oft schon aus Vorsorge-  Ich  gehe  davon  aus,  dass  PiCA  weiter   die sanfte fernöstliche Gymnastik: „Je langsamer Sie sich bewe-
 von PiCA. Das Unternehmen ist schnell   gründen  Produkte  zurück,  wenn  Ge-  wächst.  Vielleicht  haben  wir  bis  dahin    gen, umso mehr kommen Sie zur Ruhe.“ Darum geht es.  Händen die Form einer Kugel andeute, als halte er einen Ball fest,
 gewachsen von damals zwei auf heute   sundheitsgefährdungen  bestehen.  Einen   eigene Laborräume.   Nicht nur der Schlaf ist seither störungsfrei. Jeder Kopfschmerz   werde  dazwischen  bald  ein  „Energiefeld“  wahrnehmen:  „Die
 fast 50 Mitarbeiter. Die Nachfrage nach   Lebensmittelskandal  möchte  niemand   Was machen Sie in Ihrer Freizeit?  lässt  sich  mühelos  vertreiben:  „Man  merkt,  dass  eine  ande-  Hände werden warm.“
 Analytikdienstleistungen steigt weiter,   riskieren.
 Ich bin gern in der Natur, gehe wandern,   re  Durchblutung  stattfindet“,  beschreibt  Richter  die  Wirkung   Seine Bilanz nach fünf Jahren: „Ich sehe viele Dinge gelassener“,
 die Branche boomt. Das beweist auch   Was untersucht PiCA genau?  der Übungen, die ihm selbst ein Geheimnis sind: „Es gibt viele    sagt  Richter: „Ob  ich  ruhiger  geworden  bin?  Das  müssen  Sie
 das Wachstum zahlreicher Labore in der   beobachte  Tiere.  Wenn  ich  auf  einem
 Wir bieten als privater und unabhängiger   Dinge,  die  lassen  sich  nicht  erklären.“  Wer  etwa  mit  beiden    meine Kollegen fragen.“   wid
 Analytic City Adlershof. Angst vor einem   Berg  in  Tirol  stehe,  kann  ich  wunderbar
 Labordienstleister analytisch-chemische
 Burnout hat der 55-jährige PiCA-Chef   abschalten.  An  die  Berlin-Brandenburger                         ANZEIGE
 Prüfungen  an.  Unser  Kerngeschäft  ist
 nicht. Kraft tankt er in den Tiroler Bergen   Gewässer  zieht  es  mich  vorrangig  zum
 die  Produktanalytik,  das  heißt,  wir  un-
 und beim Paddeln auf den Berlin-   Paddeln.
 tersuchen  beispielsweise  Lebensmittel-
 Brandenburger Gewässern.  Kocht ein Lebensmittelchemiker
 verpackungen,  Spielwaren,  Lebensmittel,
 Kosmetik und Textilien auf unerwünschte   auch gern?
                                         Technische Gebäudeausrüstung   Gesamtplanung HLSKE mit DDS-CAD
                                                                    
 Rückstände  und  wertgebende  Bestand-  Ich?  Unbedingt!  Am  liebsten  probiere
                                                                   
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 Umweltanalytik.  Gerichte.
                  www.rusz.de         info@rusz.de   12489 Berlin  Am Studio 20 A   +49 30 44 37 70 30
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