Page 14 - Adlershof Journal März/April 2018
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FORSCHUNG


                                                                                                                               Das offene Ohr einer erfahrenen Mentorin ist auch für gestan-
                                                                                                                               dene Forscherinnen wie Maria Reiner hilfreich. Die 31-jährige
                                                                                                                               promovierte  Chemikerin  forscht  ebenfalls  in  Adlershof.  Ihr
                                                                                                                               Fachgebiet  sind  Nitride  und  deren  Grenzflächenreaktions-
                                                                                                                               verhalten  in  Halbleitermaterialien.  Stationen  in  Australien,
                                                                                                                               England  und  Deutschland  hat  die  gebürtige  Österreicherin
                                                                                                                               durchlaufen, mit Forschern in Israel und Schweden kooperiert,
                                                                                                                               ehe sie nach einer preisgekrönten Promotion in die Entwick-
                                                                                                                               lungsabteilung  des  Halbleiterherstellers  Infineon  wechselte.
                                                                                                                               Viele hätten hier Anker geworfen und die vorhandenen Karrie-
                                                                                                                               reoptionen genutzt. Reiner spürte, dass ihre Suche noch nicht
                                                                                                                               beendet war.

                                                                                                                               Mitte 2016 wechselte sie ans Ferdinand-Braun-Institut, Leibnitz-
                                                                                                                               Institut  für  Höchstfrequenztechnik  (FBH),  wo  sie  heute  ein
                                                                                                                               Forscherteam  leitet.  Es  geht  um  Prozessoptimierung  in  der
                                                                                                                               Nasschemie  und  Lithographie.  Relevant  sind  ihre  Forschun-
                                                                                                                               gen  für  die  Fertigung  von  LEDs,  Lasern  oder  Photodetektoren.
                                                                                                                               Schwere Kost für Laien. Doch Reiner brennt für ihr Thema. Sie
                                                                                                                               engagiert  sich  nebenher  freiwillig  als  Editor  eines  Open-
                                                                                                                               Access-Journals:  Wissenschaft  soll  die  Menschheit  voran-
                                                                                                                               bringen und nicht nur der Profitmaximierung weniger dienen.

                                                                                                                               Aber auch sie selbst will vorankommen. Sie arbeitet so selbst-
                                                                                                                               bewusst  und  selbstverständlich  an  ihrer  Karriere  wie  Andrea
                                                                                                                               Lübcke.  Und  nimmt  ebenfalls  an  einem  Mentoring-Programm
                                                                                                                               teil  –  als  Mentee.  Die  Leibniz-Gemeinschaft  fördert  in  die-
                                                                                                                               sem  Programm  angehende  weibliche  Führungskräfte,  die  ihre
                                                                                                                               Mentorin frei wählen können. Reiners Wahl fiel auf eine interna-
                                                                                                                               tionale Koryphäe: Prof. Eva Olsson von der Chalmers Universität
                                                                                                Brennt	für	die	Wissenschaft:		                                                       Aktive	Nachwuchsunterstützerin: Andrea Lübcke, Physikerin am Max-Born-Institut,
                                                                                         Die Chemikerin Maria Reiner vor einem    in  Göteborg.  Physikerin,  Mitglied  im  Nobelpreiskomitee  –  und   engagiert sich als CyberMentorin
                                                                                          Reinraum im Ferdinand-Braun-Institut
        KARRIEREKICK                                                                                                                                                                 seit  einigen  Monaten  engagierte  Mentorin  der  Nachwuchs-


                                                                                                                                                                                     forscherin. „Sie ist richtig motiviert und gibt ihre Erfahrungen
                                                                                                                                                                                     gerne  weiter“,  berichtet  Reiner.  Erste  Treffen  und  Veranstalt-
                                                                                                                                                                                     ungen, Telefonate  und  Mails  haben  gezeigt,  dass  die  Chemie
        Die eine engagiert sich als Mentorin, um Mädchen für MINT-Fächer zu begeistern. Die andere                                                                                   zwischen  den  Naturwissenschaftlerinnen  stimmt.  Die  FBH-
        bildet ein Tandem mit einer schwedischen Spitzenforscherin, die ihre geballte Erfahrung an sie                                                                               Forscherin profitiert in vielerlei Hinsicht: „Ich kann mich mit Eva
                                                                                                                                                                                     fachlich  austauschen  und  bekomme  erstklassige  Kontakte  zu
        weitergibt. Beide vertreten eine Generation weiblicher Forscher, die selbstverständlich und                                                                                  internationalen  Wissenschaftlerinnen  und  Wissenschaftlern“,
        selbstbewusst Karriere macht – ohne den Blick aufs große Ganze zu verlieren.                                                                                                 berichtet sie.

                                                                                                                                                                                     Spannend  findet  Reiner  auch  den  Blick  in  die  schwedischen
                                                                                                                                                                                     Strukturen, weil weibliche Führungskräfte dort selbstverständ-
        Gesehen haben sie sich noch nicht. Und doch stehen Andrea   vorgeblichen  Männerdomänen  machen. „Bis  ins  Grundschul-                                                      licher sind. Dass diese Selbstverständlichkeit auch hierzulande
        Lübcke, promovierte Physikerin mit Faible für Photoelektronen-   alter ist das Interesse an naturwissenschaftlichen und mathe-                                               selbstverständlich  wird,  geht  die  Generation  junger  Forsche-
        spektroskopie, und die elfjährige Schülerin Lena aus dem Ruhr-  matischen Themen bei Mädchen und Jungen gleich. Aber dann                                                    rinnen,  zu  der  Lübcke  und  Reiner  gehören,  zielstrebig  an.  Die
        pott seit Monaten in regem Gedankenaustausch. „Wir interes-  ziehen  sich  Mädchen  nach  und  nach  aus  diesen  Fächern  zu-                                               Mentoring-Programme sind ihnen dabei eine große Hilfe.   pt
        sieren uns beide für Astrophysik und schwarze Löcher“, berich-  rück“,  sagt  Lübcke,  die  am  MBI  auch  stellvertretende  Gleich-
                                                                                                                               Einladung zum Chat: Über die Onlineplattform CyberMentor vernetzen sich
        tet Lübcke, die am Adlershofer Max-Born-Institut (MBI) forscht   stellungsbeauftragte ist. Sie möchte helfen, Lenas Interesse an   MINT-interessierte Mädchen und Wissenschaftlerinnen
        und  Mutter  zweier  Kinder  ist.  Ein  Alltag  zwischen  Schulbrot   Physik möglichst lange wachzuhalten. Dafür schaufelt sie trotz
        und  DNA-Molekülen,  deren  Absorptionsverhalten  unter  Ein-  ihres vollen Alltags eine Stunde pro Woche für den Chat mit der
        fluss von Photonen sie erforscht.                     Schülerin frei.
                                                                                                                                                                                                                                   ANZEIGE
        Kontakt zu Lena hat die Forscherin im Programm CyberMen-  Hunderte Frauen engagieren sich wie Lübcke als CyberMento-
                                                                                                                                                                    nah und persönlich
        tor geschlossen: Frauen, die ein MINT-Fach studieren oder im   rinnen, um ihre MINT-Begeisterung mit Mädchen aus der 5. bis
                                                                                                                                                                    Internat. Steuerrecht
        naturwissenschaftlich-technischen  Bereich  arbeiten,  treffen   13. Klassen zu teilen. Das Programm geht über die Eins-zu-eins-
        sich regelmäßig zum Chat mit interessierten Schülerinnen. Sie   Chats  hinaus.  Gleichgesinnte  Frauen  können  sich  vernetzen,                            Controlling und FiBu
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        14    Adlershof Journal  |  März_April 2018                                                                                                                                                         Adlershof Journal  |  März_April 2018  15
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