Page 12 - Adlershof Journal März/April 2018
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UNTERNEHMEN GRÜNDER
Mehr Rasant: Vor vier Jahren ist das Institut für Produktqualität, kurz Das Coolar-Team:
Kilian Mähne,
Julia Römer, Karsten
ifp, mit einem Teil der Mitarbeiter nach Adlershof gezogen, jetzt
Düwel, Sergej Lembke
gibt es einen weiteren Neubau. Vergangenes Frühjahr ist ein Teil
(von l. nach r.) und ihr
Sicherheit der 330 Mitarbeiter in das Verwaltungsgebäude eingezogen. Ein stromlos funktionie-
render Kühlschrank
Haus mit eigener Kantine – das spricht für die neue Größe und
das Selbstbewusstsein bei ifp. Aus den neuen Räumen fällt der
Blick auf eine Brache auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
„Dort ist theoretisch auch noch Platz für ein weiteres ifp-Gebäu-
de …“, schmunzelt Carolin Poweleit, Lebensmittelchemikerin und
seit mehr als einem Jahr Co-Geschäftsführerin.
Was ist drin in dem, was mich umgibt? Im Essen?
Im Wasser? Verbraucher werden zunehmend Das ifp führt als akkreditiertes Prüflabor Auftragsanalysen für
qualitätsbewusster, das EU-Lebensmittelrecht die Lebensmittelindustrie durch. Was das Unternehmen jedoch
schärfer. Das ifp Institut für Produktqualität in von anderen Laboren unterscheidet, ist die hauseigene Entwick-
lung und Produktion von Diagnostika. Mit den Testkits können
Adlershof, Auftragslabor und Diagnostikaher- Produkte auf Vitamine, Allergene oder Gentechnikspuren unter-
steller in einem, wächst schnell und bietet mit sucht werden.
neuen Analysetools mehr Sicherheit.
Ganz neu ist ein Reagenzienkit, mit dem Erbgut (DNA) aus Unter-
suchungsproben extrem schnell extrahiert werden kann: Gerade
einmal zwei Minuten dauert der Mikrowellenaufschluss – eine
enorme Zeitersparnis im Vergleich zu herkömmlichen Metho-
den. Die möglichen Anwendungsgebiete reichen von der Lebens-
mittelanalytik bis hin zur Untersuchung von forensischen oder COOLER geht’s nicht
klinischen Proben.
Auch bei der Fremdkörperbestimmung spezialisiert sich das
ifp immer weiter. Fremdkörper in Lebensmitteln sind nach mi-
krobiologischen Verunreinigungen der zweithäufigste Grund Die 32-jährige Julia Römer ist Geschäftsführerin der Coolar UG und
für Rückrufe. Mit einem Rasterelektronenmikroskop gehen die eine von ganz wenigen Gründerinnen im Technikbereich. Sie und
Wissenschaftler auf Spurensuche etwa von Glas, Edelstahl, Fell ihr Team entwickeln seit 2012 Kühlschränke, die ohne Strom
oder Kunststoff in Lebensmitteln. „Für die Hersteller ist es ganz
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wichtig zu wissen, wann diese Stoffe ins Lebensmittel gelangt funktionieren, CO -Emmissionen und Betriebskosten sparen.
sind. Bei der Produktion, beim Versand oder gar erst beim Ver-
braucher?“, erklärt Poweleit. Die Antwort hilft Herstellern Maß-
nahmen zu ergreifen. Wurde beispielsweise das Quentchen
Das Start-up Coolar hat sich auf medizinische Kühlschränke als Frau nur zwischen Männern stehst. Ich habe auch während
Glas, das im Kuchen beanstandet wurde, schon mitgebacken?
für Impfstoffe spezialisiert, die vor allem in Asien und Afrika des Studiums so viele tolle Frauen kennengelernt, aber bei der
„Da führen wir selbst Tests durch, indem wir die verschiedens-
zum Einsatz kommen. Aktuell wird im Unternehmen am nächs- Gründung eines Unternehmens sind sie alle weg. Ich frage mich,
ten Stoffe in Teigen einbacken und Vergleichsdaten erheben.
ten Prototyp gebaut, der auch zeitnah in den Feldtest gehen wo sind die geblieben?“ Aus dieser Überlegung heraus ist die
Die Suche nach dem unbekannten Fremdkörper und dessen
soll. „Bisher haben wir uns über Stipendien und Start-up- Coolar-Geschäftsführerin auch in Frauennetzwerken aktiv, denn
Herkunft ist oft mit Detektivarbeit vergleichbar, macht aber
Preise finanziert. Jetzt haben wir Patente angemeldet, Prototy- Gründerinnen halten zusammen, weil sie ähnliche Themen be-
unseren Wissenschaftlern auch ganz viel Spaß. Wir stellen alle
pen produziert und können ein bisschen größer werden“, sagt wegen: „Es fängt mit ganz banalen Sachen an: Was ziehe ich
möglichen Prozesse nach, vom Einkochen über das Backen.
Coolar-Chefin Julia Römer. an in einer reinen Männerrunde? Rock? Anzug? Passe ich mich
Zusätzlich wird geprüft, ob der Fremdkörper schwimmt, wie er
an oder will ich weiblich sein?“ Die 32-Jährige hat entschieden,
brennt oder welche Farbe die Flammenfärbung hat.“
Sie ist Gründerin in einer absoluten Männerdomäne. Sie kommt bei sich selber zu bleiben, dann fühlt sie sich am wohlsten.
Carolin Poweleit spricht gern über ihre Arbeit und mit dieser aus einer Ingenieursfamilie: „Für mich war völlig selbstverständ-
Begeisterung scheint auch das Institut für Produktqualität in lich, dass ich das auch machen kann.“ Erst studierte sie einein- Schon in Ihrer Masterarbeit war der stromlose Kühlschrank
die spannenden nächsten Jahre zu starten. Die mitreißende halb Semester Chemie an der Berliner Humboldt-Universität Thema. Das Gründungsteam und die Unterstützer sind eng mit
38-Jährige mag an Adlershof, wie schnell es sich zum wissen- (HU) in Adlershof, dann wechselte sie an die Technische Uni- der TU verzahnt und so hat Coolar seinen Sitz im Charlotten-
schaftlichen Zentrum entwickelt hat und immer weiter wächst. versität Berlin (TU) ins Wirtschaftsingenieurwesen. burger Innovationszentrum CHIC. Die Werkstatt ist in einem
Spannend für das ifp sind die Nähe zu anderen Laboren und der TU-Gebäude nur 500 Meter entfernt. Künftig will Coolar Werk-
Neubau des Landeslabors Berlin-Brandenburg (LLBB) in unmittel- „Eigentlich kommt der Schnitt erst im Studium, wo dann nur statt und Büro an einem Ort haben. Adlershof wäre da eine sehr
barer Nähe. „Die Zusammenarbeit mit dem Amt ist für uns als noch ganz wenige Frauen in der Vorlesung sitzen. Alle Männer gute Option: „Damals, als ich dort studiert habe, war das noch
privates Institut sehr wichtig. Wir freuen uns, dass sie durch die kennen sie beim Namen. Kein Wunder, wenn du unter 300 anders. Mittlerweile ist wahnsinnig viel passiert. Man kommt
räumliche Nähe noch besser werden kann.“ jg Studenten fünf Frauen hast …“ Sie spricht natürlich, lebhaft und gar nicht mehr hinterher zu zählen, wie viele Unternehmen jetzt
wirkt bodenständig. So wie eine Skifahrerin, die mit Schwung an diesem Hightechstandort angesiedelt sind. Da lassen sich
den Berg hinunterfährt, schnell und sicher in den Kurven. Kooperationspartner sicher schnell finden. Etwa zum Schweißen
Skilehrerin ist sie nämlich auch noch nebenbei. Julia Römer kann im Vakuum suchen wir Partner.“ Geschäftsführerin Römer und
überzeugen und begeistern, so beschreiben sie ihre männlichen ihre vier Mitgründer haben bereits Flächen im Technologiepark
Teamkollegen, und auch mal einen sturen Kopf haben. Aber Adlershof angefragt. jg
Auf weiteres Wachstum eingestellt: Carolin Poweleit, Lebensmittelchemikerin
und Co-Geschäftsführerin vom ifp das braucht es auch: „Es ist schon ein bisschen strange, wenn du
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