Page 3 - Adlershof Journal Juli/August 2014
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ESSAY

Über Quarks und Feuerwehreinsätze

Lachen als billigste und effizienteste Wunderdroge

Sagt eine Redakteurin zu ihrem Autor: Schreiben Sie ein Essay über Wissenschaft und Humor. Was beginnt wie ein Witz, ist auch wahrscheinlich einer: Wissenschaft und Humor, das sind doch zwei Welten, die sich geradezu ausschließen. Das weiß jeder, der eine Party organisiert. Wer sicher sein will, dass sie schnell zu Ende ist, die Getränke garantiert reichen, und die Gäste vor Mitternacht artig das Haus wieder verlassen haben, lädt Wissenschaftler ein. So zumindest das Klischee.

Oder könnten Sie über folgenden Witz lachen: „Wie klingt eine subatomare Ente? Quark, quark.“ So erzählt es Stephen Hawking auf YouTube mit Computerstimme. Oder: „Gehen zwei Atome über die Straße. Sagt das eine: ‚Ich glaube, ich habe ein Elektron verloren.‘ Sagt das andere: ‚Bist du sicher?‘ Und das erste: ‚Ja, ich bin absolut positiv.‘“

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Wer von Physik keine Ahnung hat, dem wird nicht mal die Zufuhr von Lachgas hier die Mundwinkel nach oben treiben. Aber das beweist natürlich nicht, dass Wissenschaft nichts mit Humor zu tun hat, sondern vielleicht eher, dass Humor nur dann zünden kann, wenn Menschen einen gemeinsamen Hintergrund haben. Auf Wikipedia steht: „Humor ist die Begabung eines Menschen, den Unzulänglichkeiten der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.“ Was so viel heißt wie, Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Fernsehstudios als Humorproduktionsstätten

Schwierigkeiten und Missgeschicke gibt es in Fernsehstudios ständig. Sie sind die beste Anregung für den humorigen Geist, geradezu Humorproduktionsstätten. Unvergessen die Situation, als im Studio des Südwestrundfunks ein Flashover demonstriert werden sollte. (Um den Humor zu verstehen, ist auch hier ein gemeinsamer Hintergrund gefragt: Mit Flashover wird die spontane Selbstentzündung von Rauchgasen beschrieben.) Während also im Studio in einer Brennkammer gezündelt wurde und sich munter Rauch bildete, fragte irgendwann der Interviewpartner – ein Verbrennungsfachmann aus der Chemie –, wie lange das Interview denn dauern würde, denn an der Studiodecke sammele sich schon der Rauch. Wie humorig diese Bemerkung war, kann man erst erfassen, wenn man weiß, dass wenige Minuten später mehrere Löschzüge der Baden-Badener Feuerwehr anrückten und Feuerwehrleute mit Atemmasken und Brandschutzanzügen den Sender stürmten. „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“, hat Joachim Ringelnatz mal gedichtet. Humor in diesem Sinne war danach bei der Fernsehproduktionsleitung gefragt, die den Feuerwehreinsatz bezahlen musste.

Wer sich kranklacht, lebt gesund

Wenn Wissenschaft und Humor also tatsächlich kein Widerspruch sind, kann denn dann die Wissenschaft den Humor ergründen? Warum etwa hat der Mensch Humor und der Schimpanse keinen? Experimentiert wurde viel: In Kalifornien wurden die Fußsohlen von Probanden mit Kitzelautomaten malträtiert, um herauszufinden, dass das Kitzellachen ein reiner Reflex ist, man also auch lacht, selbst wenn man es gar nicht lustig findet. Andere haben ihren Testpersonen Lachgas verabreicht oder die Gesichtsmuskeln mit Elektroden gespickt, um die Muskelspannung der Lachmuskeln zu bestimmen. Interessantestes Ergebnis der Humorforscher: Die Bestätigung der These des Philosophen Bertrand Russell, dass Lachen die billigste und effizienteste Wunderdroge sei – eine universelle Medizin. Wer viel lacht, bei dem finden sich mehr Immunstoffe im Blut als bei den griesgrämigen Mitmenschen. Und diese Stärke hält sogar über den Tag hinaus an. Nicht schlecht: Wer sich kranklacht, lebt also besonders gesund.

Ja dann, schleunigst noch einen Witz: Sagt der Arzt zum Patienten: „Ich weiß nicht, was Ihnen fehlt. Eventuell liegt es am Alkohol.“ Sagt der Patient zum Arzt: „Gut, dann komme ich morgen wieder, wenn Sie wieder nüchtern sind.“

Ingolf Baur ist Wissenschaftsjournalist und moderiert Sendungen bei 3sat, SWR und Deutsche Welle. Seit 1999 ist er einer von drei Moderatoren des Wissenschaftsmagazins „nano“.

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