Page 5 - Adlershof Journal September/Oktober 2015
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INTERVIEW
INTERVIEW MENSCHEN




sind sehr offen und geben mir das Gefühl, hier willkommen zu sein. kulinarische pioniere
Und dann natürlich: Berlin ist eine tolle Stadt mit so viel Vielfalt,
jede Ecke hat etwas anderes zu bieten.
Was ist hier anders als in einem Technologiepark in den USA?
Ich habe zwar noch keine direkte Parkerfahrung in den USA, will
aber dennoch spontan antworten: In Amerika muss die Hülle
immer perfekt und beeindruckend sein – zum Beispiel ein sehr grü-
ner und tadellos geschnittener Rasen. Hier in Adlershof beobachte
ich die direkte Art der Deutschen. Ich erlebe, dass die Kollegen in
Meetings keine Angst haben, freundlich, aber bestimmt unterschied-
liche Meinungen vorzutragen, sodass es zu einem wirklichen Ideen-
austausch kommt.
Was vermissen Sie hier im Vergleich zu Ihrer Heimat am meisten?
Im Gespräch
ANASTASIYA Zu Hause habe ich den Luxus, sowohl die Berge als auch das Meer vor
der Haustür zu haben.
Ihre Praktikumsaufgabe ist …
… eine kreative Antwort zu finden, was die maßgeblichen Entschei-
CHEVTCHENKO dungsfaktoren für eine Ansiedlung amerikanischer Unternehmen in
Adlershof sind.

Sie sprechen sehr gut und akzentfrei Deutsch.
Name: Anastasiya Chevtchenko Wann haben Sie das gelernt?
Jahrgang: 1994 Mit zehn Jahren bekam ich Privatunterricht in Deutsch. Meine Eltern
Wohnort: Portland, Oregon sind in die USA ausgewanderte Russen. Sie sprechen kein Deutsch.
Beruf: Studentin der Politik- Doch besonders mein Vater förderte mich, meine Sprachkenntnis-
wissenschaft mit Schwerpunkt se auszubauen. Ich habe dann angefangen, deutsche Kassetten zu
Internationale Beziehungen hören, deutsche Filme zu gucken, deutsche Bücher und Artikel zu le-
Lieblingsnummer: 10 sen. Ich war auch schon zum Schüleraustausch und Fußballcamp in
Deutschland. Young-Mi Park-Snowden und Andrea Volpato servieren in
Welche Eigenschaften sind Ihnen wichtig?
Sie switcht mühelos zwischen Englisch, Russisch, Französisch Leistungsbereitschaft und Arbeitsmoral. Bei uns gibt es dazu ein Adlershof koreanische Delikatessen
und Deutsch. Arabisch lerne sie noch. Nicht minder bemer- Sprichwort: Hard work beats talent, when talent doesn‘t work hard.
kenswert ist Anastasiya Chevtchenkos Fußballtalent. Sie spielt D er Name ist eine freundliche Einladung. Ein wohlmeinender einem gastronomischen Angebot für ihre Hotel-
im Team der russischen Frauennationalmannschaft. Und was Wofür können Sie sich begeistern? Appell: Iss was! Lass‘ es dir schmecken! Wohl bekommt‘s! Mani anlage. Eine gemeinsame Bekannte vermittelte
Für Sport. Ich habe mit acht Jahren angefangen Fußball zu spielen.
macht die amerikanische Studentin der Politikwissenschaft in Momentan spiele ich in der Collegemannschaft der Universität von mogo! „Das hat in Korea jedes Kind schon gehört“, sagt Young- den Kontakt.
Deutschland? Chevtchenko nutzte ihre Semesterferien für ein Pennsylvania. Bei einem Jugendfreundschaftsspiel vor fünf Jahren Mi Park-Snowden. „Das Essen genießen, es sich gut gehen lassen, Bereut haben sie es nicht, im Gegenteil. Volpato
Praktikum vom 15. Juni bis 7. August im Technologiepark Adlers- in Schweden wurde ich vom Trainer der russischen Frauennational- das ist sehr wichtig. Wenn einer zu Besuch kommt, wird er auf wohnt seit kurzem in der Nähe des Restaurants
die Schulter geklopft: Mani mogo! Das ist wie eine Liebkosung.“
hof. Eine Diplomatenlaufbahn, etwa in Deutschland – und das mannschaft angeworben. Seitdem laufe ich für das russische Natio- und Park-Snowden gerät fast ins Schwärmen,
nicht nur wegen der Thüringer Rostbratwurst und Klöße, für nalteam auf. Während des Praktikums hier in Berlin habe ich mit den Mani Mogo heißt das Restaurant in der Erich-Thilo-Straße, wo wenn sie Adlershof mit Kreuzberg vergleicht
die sie schwärmt – kann sie sich für ihre Zukunft vorstellen. Frauen vom 1. FC Union trainiert. Außerdem mag ich Musik, bis auf die Deutsch-Koreanerin Park-Snowden und ihr Geschäftspartner – die weiten, unverbauten Räume, der offene
Heavy Metal in jeglicher Form: Hip-Hop und Rap zum Party machen,
Zu ihren Eindrücken und Erfahrungen haben wir sie fürs klassische Musik zum Einschlafen und Entspannen, Countrymusik Andrea Volpato seit dem 1. Juli zum Beispiel Bulgogi servieren, Himmel: „Beim ersten Treffen wurde uns bewusst, was für
Adlershof Journal befragt. und Jazz zum Auto fahren. das für die koreanische Küche typische marinierte Rindfleisch, ein unglaublich interessantes Gebiet hier ist. Es ist wirklich ein
Kalguksu, eine hausgemachte Nudelsuppe aus Rinderbrühe Traum.“
Was können Sie überhaupt nicht? oder den nicht minder typischen scharfen Krautsalat Kimchi.
Adlershof Journal: Was studieren Sie? Computersoftware schreiben und vom 10-Meter-Brett springen. Der Stolz des Hauses sind die von Hand zubereiteten, mit Rind- Geborene Gastronomen sind beide nicht. Park-Snowden wuchs
A. Chevtchenko: Ich studiere Politikwissenschaft mit Schwerpunkt fleisch oder Gemüse gefüllten, frittierten oder gedünsteten Teig- als Kind koreanischer Einwanderer in Wolfsburg auf, ließ sich
Internationale Beziehungen in Philadelphia, USA. Mein Nebenfach ist Worüber haben Sie sich kürzlich geärgert? taschen. Ein Renner ist der „Angry Beef Burger“ mit Bulgogi. zur Fremdsprachenkorrespondentin ausbilden, dann zur Film-
Französisch. Ich bin im 2. Studienjahr. Ich verpasse seit ein paar Jahren immer am 4. Juli die Feiern zum schauspielerin. Volpato stammt aus der Gegend von Vicenza in
Independence Day in Amerika, weil ich unterwegs bin. Das finde ich Man kann im Mani Mogo frühstücken, zu Mittag und zu Abend Norditalien, brach ein Architekturstudium in Venedig ab und
Warum sind Sie in Adlershof? schade, aber das Reisen bereichert mich auch sehr. essen. Geöffnet ist durchgehend von sieben bis 22.30 Uhr, nahm den Zug nach Magdeburg, wo in einem Eiscafé ein Kellner
Ich habe mich bei einer Austauschgesellschaft für ein Praktikum
in Deutschland beworben, weil ich etwas über die deutsche Unter- Zur Arbeit kommen Sie mit … für Adlershof diesseits der S-Bahn eine Premiere: „Die Leute gesucht wurde. Seit 15 Jahren lebt er in Berlin, arbeitete als
nehmenskultur erfahren will. Ich bekam zwei Angebote: eins an der … dem Fahrrad. Ich habe für die Zeit meines Praktikums in Berlin eine müssen noch wahrnehmen, dass es jetzt möglich ist, länger Barchef, als Caterer für Formel-1-Rennen.
Universität in Kassel und die Stelle bei der Betreibergesellschaft des nette Gastfamilie in Biesdorf gefunden. Von dort brauche ich 35–40 hier zu sitzen.“ Es spricht sich freilich herum: „Gestern Abend „Dass man aus verschiedenen Nationalitäten das Beste heraus-
Technologieparks Adlershof. Danach hab ich im Internet recherchiert Minuten bis nach Adlershof. waren es um die 50 Gäste“, sagt Volpato.
und war neugierig, die Wissenschaftsstadt in Berlin kennenzulernen. holt“, ist seine kulinarische Erfolgsformel. So gibt es im Mani
Wann haben Sie zuletzt etwas Neues ausprobiert? Die Frage ist dennoch: Warum Adlershof, wo doch der Lebens- Mogo neben koreanischen Spezialitäten Spitzenweine aus
Was haben Sie empfunden, als Sie hier ankamen? In einem Fitnessstudio hier in Adlershof habe ich Bodystreet, ein mittelpunkt in Kreuzberg ist? Dort betreibt Park-Snowden seit Italien. Zum Frühstück „italienischen Kaffee, französische Back-
Ich bin begeistert. Die Atmosphäre und die Mischung zwischen elektrostimuliertes Muskeltraining, probiert. Wie das geht? Man 2009 das Restaurant „Kimchi Princess“ und den Imbiss „Angry waren“. Das Konzept findet Anklang. Da sind sich beide nach
Firmen, Studenten, Bewohnern gefallen mir und ich mag den zieht eine Weste an und arbeitet gegen den Strom. Ich fand es inter- Chicken“. „Wir wurden auserwählt“, sagt sie. Die Eigentümer den ersten Wochen sicher: „Es ist so toll, dass die Leute sich hier
Landschaftspark. Die Kollegen bei der WISTA-MANAGEMENT GMBH essant und sehr effektiv. sn der Adapt Apartments waren seit längerem auf der Suche nach freuen über den Laden.“ wid


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