Page 3 - Adlershof Journal März/April 2018
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Adlershoff
 Adlersho                                                                                                ESSAY

 Journal  MÄRZ | APRIL 2018

        Arbeit für alle




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         Working Moms, arbeitende Mütter – gibt es denn Mütter, die nicht arbeiten? Die Zeugung
         macht Arbeit, die Schwangerschaft, und erst die Geburt. Kaum ist das erledigt, schwant den
         Müttern, noch im Kreißsaal, dass die eigentliche Arbeit doch erst jetzt beginnt.


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        Am Anfang denkt man, wie viel Arbeit kann so ein Säugling   Dann kommt der Tag, da geht das Kind in die Kita und aus der
        machen? Man staunt über Freundinnen, die einem erzählen, sie   Working  Mom  wird  eine  richtige  berufstätige  Mutter,  denn
 INHALT  AUS DER REDAKTION  seien in den ersten Wochen mit dem Baby nicht aus dem Schlaf-  nur bezahlte Arbeit ist ja echte Arbeit, alles andere zählt nicht,
        anzug und schon gar nicht zum Duschen gekommen. Ein Baby   das muss bloß erledigt werden. Neu ist jetzt, dass die Mütter
        schläft doch die meiste Zeit. Es liegt rücklings in seinem Stuben-  nicht mehr bis in den Abend im Büro bleiben, sondern um vier
   3   ESSAY  Keine Scheu  wagen und kann sich nicht auf den Bauch drehen,   gehen müssen, das Kind abholen. Selbstredend gibt es
    	 Arbeit	für	alle:	Warum Vollzeit-Working-Moms anders Vollzeit       eigentlich  kann  es  gar  nichts   auch  die  Dads,  aber  die  sind  fast  im-
      arbeiten als Vollzeit-Working-Dads
 Die  erste „Emma“-Ausgabe  vom  Adlershof  Journal  ist  da.  Ein   außer  schreien,  trinken  und   mer  Vollzeit-Working-Dads.  Moms
 ganzes  Heft  über  Frauen:  über  erfolgreiche  Unternehme-   „Kacka”.  Dennoch  ist  man   sind auch Vollzeit-Working-Moms,
   4   IM GESPRÄCH MIT   in  Gedanken  ununterbro-                                       aber  anders  Vollzeit.  Sie  be-
    	 Mara	Oßwald: Begeisterte Physikerin, Schwarzgürtel-Kampf-   rinnen  und  selbstbewusste  Forscherinnen,  über  Frauen,  die
      sportlerin, engagierte Verfechterin von Chancengleichheit  Karriere und Familie unter einen Hut bekommen, über Mento-  chen beim Kind. Es könnte   kommen das Kunststück hin,
 rinnen und Mentees und natürlich über Frauennetzwerke. Liebe    aufhören  zu  atmen.  Also   120  Prozent  ihrer  Arbeit  in
   5   MENSCHEN  Männer,  bitte  jetzt  nicht  die  Lektüre  abbrechen,  denn  das    geht man immer wieder   80 Prozent der Zeit zu erle-
 Die	Gebäudefachfrau:	Jennifer Grabsch betreut Immobilien    geht  auch  Sie  etwas  an.  Geschlechtergleichstellung  ist  ein    ans Bettchen und horcht.   digen,  fahren  dann  in  die
      in Adlershof   gesellschaftliches Thema, keine Frauensache. Deshalb ist dieses   Es könnte kalte Händchen   Kita  oder  in  die  Schule,
 Journal nicht nur ein Heft für Frauen, sondern für alle.   bekommen.  Tut  es  auch,         was     völlig   gleich   ist,
   6   TITELTHEMA  weil  es  die  Hände  nicht                                                wohin man fährt, denn
 	  	 Netzwerken	Frauen	anders?	Über Rollenvorbilder und die    Fakt  ist,  trotz  Einführung  von  Frauenquote  und  zahlreichen     ordentlich unter die Bett-  immer  verlässt  man
      Anleitung zum Selbstmarketing
 Frauenförderprogrammen  sind  Frauen  in  Deutschland  sowohl   decke steckt, sondern links     das  Büro  mit  dem
 in  der  Gründer-  und  Hightechszene  als  auch  in Wissenschaft   und rechts neben den Kopf   schlechten   Gefühl,
   8  Ladies	first!	Erfolgreiche Hightechunternehmerinnen
      im Chefsessel   und  Forschung  in  den  Positionen  als  Geschäftsführerin,  Vor-  legt. Es zuckt im Schlaf und   mittendrin  gehen
    standsvorsitzende, Aufsichtsrätin, Institutsdirektorin oder Deka-   wacht davon auf, also strei-  zu  müssen.  Es  ist
   11  CAMPUS  nin  noch  immer  stark  unterrepräsentiert.  Das  ist  auch  in  der   chelt man es sachte. Dann   auch  deshalb  egal,
 Forschung	für	den	Ballungsraum:	Adlershofer Geographin    Wissenschaftsstadt Adlershof so, wie unsere Statistik auf Seite   wächst es und krabbelt, ir-  um  16  Uhr  trifft  man
      nimmt die Folgen der Gentrifizierung unter die Lupe  10 dieser Ausgabe belegt. Doch es geht auch anders. Das zeigen   gendwann läuft es. Über-  allerorts    die   anderen
 :
 die  14  weiblichen  Rollenvorbilder  aus  Adlershof  und  aus  dem     allhin. Wenn es nicht läuft,   Working  Moms.  Und  die
   12  UNTERNEHMEN  Charlottenburger Innovationszentrum CHIC in diesem Heft. Es   fällt es hin, weil es über die   Kinder?  Ach  ja.  Die  erkennt
 Mehr	Sicherheit:	Der Markt für Prüfinstitute boomt dank
      strenger Verbraucherschutzgesetze, neuer Analysemethoden    ist  sozusagen  eine  Mutmacherinnenausgabe,  um  Frauen  und   Teppichkante  stolpert,  über  die   man daran, dass sie nicht ab-
      und sensibler werdender Kunden – die Wachstumsgeschichte    Mädchen zu bestärken, selbst eine Karriere in der Wissenschaft   Türschwelle,  über  die  Schuhe  im  Flur,   geholt  werden  wollen,  plötzlich
      des ifp Institut für Produktqualität  oder Wirtschaft anzustreben. Noch sind viele Hürden und Vor-   über seine eigene Krabbeldecke. Stolpert es nicht, stößt es sich   lieber mit einem Freund  nach  Hause  oder  lieber  nach  Hause
 urteile  bei  der  Gleichstellung  von  Frauen  und  Männern  abzu-  an der Tischkante, an der Bank, am Türrahmen, am Waschbecken,   statt  zum  Musikunterricht  gehen  wollen.  Dann  nimmt  man
   13  GRÜNDER  bauen,  Kinderbetreuungsangebote  auszubauen  und  zu  ver-   am Sofa, an allem, was in der Welt steht. Und die Mütter trös-  seine ganze Kraft zusammen, blickt auf die Uhr und sagt sich
 Cooler	geht’s	nicht:	Start-up entwickelt netzunabhängigen    bessern,  und  es  bedarf  einer  gerechten  gemeinsamen  Auf-   ten und küssen und reiben und pusten und kühlen. Manchmal   tröstend, dass es nur noch fünf Stunden dauert, bis das Kind
      Kühlschrank
 gabenteilung  innerhalb  der  Familien.  Aber  daran,  dass  Frau-  kleben sie Pflaster mit kleinen Bären auf Schürfwunden. Sie ver-  im Bett ist. Danach bleibt ja immer noch Zeit, die Wäsche zu
   14  FORSCHUNG  en  sich  auch  in  männerdominierten  Berufen  und  Bereichen    suchen – das Kind auf den Knien oder schlafend über der Schul-  falten oder einen Bericht zu lesen, zu dem man tagsüber nicht
 Karrierekick:	Mentoringprogramme, die Frauen auf die    fabelhaft  behaupten  können,  lassen  die  Porträtierten  keinen   ter – zu telefonieren, einen Termin zu vereinbaren, eine E-Mail   gekommen ist. Bestimmt gibt es Mütter, denen das alles nichts
      Sprünge helfen  Zweifel.  zu schreiben, gar an einer Telefonkonferenz teilzunehmen. Das   ausmacht. Und es gibt die, die Pläne schmieden, wie aus den
        geht schon irgendwie, ist nur umständlich, langsam und man   Vollzeit-Working-Dads  einfach  Dads  werden.  Und  dass  wahr
   16  MEDIEN  bekommt nur die Hälfte mit. Von dem, was die Kollegen am Te-  wird, wovon man naiverweise ausgegangen war, als das Baby
 	  	 Ein	dicker,	steiniger	Fluss:	Die Künstlerin Lisa Premke macht    lefon sagen, und dem, was das Kind, das vom Schoß gerutscht   noch im Bauch war: Davon, dass sich Mom und Dad die Arbeit
      Räume hörbar     und in die Küche gekrabbelt ist, tut beziehungsweise isst. Den   gerecht aufteilen. Alle Arbeit.
 Ihre
        Spülschwamm nämlich.
   18   KURZNACHRICHTEN  Sylvia Nitschke
 Leiterin Adlershof Print
                                                              Dilek Güngör ist Journalistin und Autorin.
                                                              Sie arbeitet und lebt in Berlin.
 Ausführliche Texte und Adlershofer Termine finden Sie unter:
 www.adlershof.de/journal
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