Die Startup Factory
Über 50 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wollen mit UNITE die Anzahl an Unternehmensgründungen in Berlin und Brandenburg steigern
Mit UNITE, einem Zusammenschluss aus über 50 Partnern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Berlin und Brandenburg, wurde kürzlich ein Ökosystem für wissenschaftsbasierte Start-ups geschaffen. Laura Möller, CEO von UNITE, und Steffen Terberl, Leiter der Geschäftsstelle Zukunftsorte Berlin, erklären, wie sie das innovative Potenzial der Region in erfolgreiche Unternehmen ummünzen möchten.
Warum wurde UNITE ins Leben gerufen?
Laura Möller: Wir haben in der Region wunderbare Talente und Gründungszentren. Doch es fehlen einige Elemente, damit mehr Leute gründen. Das beginnt bereits früh, wenn es darum geht, unternehmerisches Denken in die Hochschulen zu bringen. An der US-Universität Stanford haben rund 70 Prozent der Studierenden Gründen als mögliche Karriereoption auf dem Schirm. In Berlin hören deutlich weniger etwas zu Entrepreneurship – obwohl es hier eine gute Infrastruktur gibt, gerade auch in den Zukunftsorten. Aber es fällt schwer, Zugang zu diesem Ökosystem zu finden. UNITE wurde gegründet, um die Anzahl an Start-ups signifikant zu steigen. Dazu bedarf es einer engeren Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft und Investoren in Berlin und Brandenburg.
Im Kern geht es darum, die vorhandenen Ressourcen und das Potenzial der Region besser zu nutzen, insbesondere im Bereich von Ausgründungen aus der Wissenschaft. Immerhin zählt die Region eine viertel Million Studierende, 30.000 Forschende und zahlreiche Alumni.
Wie soll dieses Potenzial gehoben werden?
Möller: Möglichst früh, an der Universität, etwa indem Professorinnen und Professoren aus dem Innovations- und Gründungsbereich Kurse zum Thema Gründung anbieten. Wir müssen Fachrichtungen und Fakultäten identifizieren, wo besonders viel Gründungspotenzial steckt – oder das Bewusstsein dafür fehlt. Die Technische Universität München beispielsweise hat sich vor 25 Jahren selbst zur unternehmerischen Universität ausgerufen – das Bewusstsein dafür hat sich nach und nach in allen Bereichen der Hochschule entwickelt. Nur: Wir in Berlin haben dafür keine 20 Jahre Zeit, sondern eher vier oder fünf, wenn wir nicht den Anschluss verlieren möchten. Wir müssen es schaffen, die vorhandenen Ressourcen in den jeweiligen Regionen besser miteinander zu verzahnen. UNITE soll die Lücken im Ökosystem für Unternehmensgründungen schließen. Dafür wurden nicht nur öffentliche Fördergelder eingeworben. UNITE finanziert sich zum überwiegenden Teil durch private Mittel – von Unternehmen aus der Region und von Stiftungen und Investoren.
Wer arbeitet in der Initiative zusammen?
Möller: Neben den großen Universitäten und Hochschulen der angewandten Wissenschaften aus der Region, die Charité sowie viele Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Darunter die Bayer AG, GASAG, Messe Berlin, SPITZKE SE und die WISTA Management GmbH. Die Initiative zählt mehr als 30 Partner aus der Wissenschaft, womit wir fast alle Studierenden und Forschenden der Region abbilden. Wir sind das größte Netzwerk in der Region.
Gibt es Technologiefelder, auf die Sie sich konzentrieren?
Möller: Ja, künstliche Intelligenz als Querschnittstechnologie, zumal sie auch viele Innovationen in unseren Industrieschwerpunkten ermöglicht. Der gesamte Bereich Health steht im Fokus. Außerdem grüne Technologien. Die sind für uns auch im Sinne des Brückenbaus nach Brandenburg interessant, etwa beim Strukturwandel in der Lausitz. Immer soll es darum gehen, durch Start-ups Wissen in die Wirtschaft zu transferieren. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Quantentechnologien. Dabei liegt der Fokus auf Quantensensorik und -kommunikation, Bereiche, in denen in Berlin bereits auf Weltniveau geforscht wird.
Wie sollen die Berliner Zukunftsorte profitieren?
Steffen Terberl: Hochtechnologiegründungen benötigen entsprechende Infrastrukturen. Die haben wir in den Zukunftsorten wie Adlershof, dem Campus Berlin-Buch oder dem Potsdam Science Park. Wichtig ist, dass Gründerinnen und Gründer sowohl aus den Einrichtungen, aber auch von außerhalb Zugang zu dieser exzellenten Infrastruktur bekommen, was noch nicht selbstverständlich ist. Dafür wollen wir gemeinsam mit den jeweiligen Akteuren sorgen. Und wir müssen erstmal transparent machen, was es alles gibt! Dafür werden wir eine digitale Plattform entwickeln.
Was noch?
Terberl: Es gibt zwar funktionierende Ökosysteme wie in Adlershof, wo es enge Beziehungen zwischen Wissenschaftseinrichtungen, bestehenden Unternehmen, Technologiezentren und Start-ups gibt. Wir sehen in der Region aber auch viele Silos, die es einzureißen gilt. Auch möchten wir gemeinsam für mehr Zugriffsmöglichkeiten auf wissenschaftliche Geräte, Coworking-Spaces und andere Forschungsinfrastrukturen sorgen, was oft sehr stark reglementiert ist. Und das ortsübergreifend. Idealerweise wäre es so, dass das so einfach wird, wie eine Reise zu buchen. Davon würden auch die Zukunftsorte profitieren, weil so ihre Infrastrukturen noch besser genutzt werden und sich Einnahmequellen erschließen. Dafür müssen wir ein Rahmenwerk erarbeiten.
Möller: Außerdem wollen wir auch die Gründungsförderung an den verschiedenen Einrichtungen nach Bedarf unterstützen, damit sie noch mehr Wirkung zeigt und so Ideen tatsächlich einen positiven Impact auf die Welt haben. Eine wichtige Aufgabe für UNITE ist, dass wir den Dschungel rund um Gründungen durchlässiger und durchsichtiger machen, wofür unsere digitale Plattform die Basis bilden wird. Daneben braucht es auch einen physischen Ort, an dem sich Menschen begegnen und persönlicher Austausch stattfindet.
Kleiner Ausblick: Wird es in einer Dekade eine nachhaltig prosperierende DeepTech-Wirtschaft in Berlin geben?
Möller: In einer Dekade auf jeden Fall. Aber es wird schneller gehen. Wir sind schon jetzt weiter als viele glaubten. Die Wahrnehmung ist verzerrt, was auch an der Berichterstattung liegt. Fortschritt findet statt – aber zu selten gemeinsam sichtbar. Eine Institution wie UNITE kann das ändern. Die Region hat es verdient.
Chris Löwer für Potenzial
- UNITE Berlin – Where Startups Meet Science and Society
- Zukunftsorte Berlin - wo Wirtschaft und Wissenschaft zusammenkommen