Frauen, Führung & Wechseljahre
Wenn die Hitzewallung mit ins Büro kommt
„Die hat wohl ihre Tage“ – dieser abfällige Satz, meist hinter vorgehaltener Hand geäußert, steht exemplarisch für den Umgang mit weiblicher Biologie nicht nur im Arbeitskontext. Für Susann Zietek, Marketing-Expertin bei der PEIX Health Group und Netzwerkerin in der Gesundheitsbranche, ist klar: Die Wechseljahre sind in der Arbeitswelt angekommen – zumindest biologisch. Strukturell und kulturell jedoch noch nicht. Zu lange wurden sie als reines Frauenthema betrachtet. Ein Tabu, das dringend gebrochen werden muss.
Die Wechseljahre sind kein Nischenthema mehr, schon gar nicht für die rund neun Millionen Frauen zwischen 40 und 55 Jahren in Deutschland, die meisten davon berufstätig. Dennoch: In Unternehmen fehlt häufig der Raum, offen über Beschwerden zu sprechen. Es herrscht Unsicherheit – auf beiden Seiten.
„Die Wechseljahre sind seit zwei, drei Jahren als Thema auf dem Vormarsch“, sagt Zietek. „Aber das bedeutet nicht, dass sie schon im Arbeitsalltag angekommen sind.“ Gerade im mittleren Lebensalter stehen viele Frauen voll im Berufsleben, tragen Verantwortung, führen Teams – und erleben gleichzeitig Veränderungen, die ihren Alltag auf den Kopf stellen können.
Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Erschöpfung, Stimmungsschwankungen: Viele dieser Symptome sind belastend und wirken sich auch direkt auf die berufliche Leistungsfähigkeit aus.
Eine aktuelle Studie des Healthcare Frauen e. V., die im März 2025 veröffentlicht wurde und an der 821 Personen teilnahmen, zeigt deutlich: 82 Prozent der befragten Frauen in Führungspositionen und mit Wechseljahresbeschwerden fühlten sich von kognitiven Beschwerden im Arbeitsalltag beeinträchtigt. Etwa 40 Prozent reduzieren ihre Arbeitszeit, wechseln die Position – oder steigen frühzeitig aus dem Beruf aus. Das ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein wirtschaftliches.
Warum wird das Thema noch nicht ausreichend kommuniziert? Das liegt zum einen an fehlendem Wissen – gerade bei männlichen Führungskräften. Zum anderen an der Sorge der Frauen, als schwach oder nicht belastbar zu gelten. Genau hier müsse ein Umdenken stattfinden, fordert Zietek: „Es geht nicht darum, Sonderrechte einzufordern, sondern darum, physiologische Realitäten anzuerkennen und flexibel darauf zu reagieren.“ Konkret heißt das: mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten an belastenden Tagen, Verständnis für Leistungsschwankungen. Doch vor allem: eine Unternehmenskultur, in der über solche Themen gesprochen werden darf.
„Wenn Kommunikation im Unternehmen grundsätzlich nicht gefördert wird, werden auch die Wechseljahre kein Thema sein“, so Zietek. „Unternehmen müssen erkennen, dass sie Teil der Lebensrealität vieler Mitarbeiterinnen sind.“
Es ist jedoch nicht nur der fehlende Blick der Männer, der Veränderung braucht. „Frühere Generationen von Frauen mussten sich ihren Platz hart erkämpfen. Das hat Spuren hinterlassen – auch im Miteinander.“
Inzwischen beobachtet sie aber eine positive Entwicklung: Netzwerke wie „Healthcare Frauen“ oder die „Healthcare Businesswomen’s Association“, deren Berliner Chapter Susann Zietek leitet, fördern gezielt weibliche Karrieren und setzen auf Solidarität statt Konkurrenz. Der Austausch in solchen Netzwerken sei ein wichtiger Faktor, um Frauen zu stärken – nicht nur in fordernden Lebensphasen.
Wie eine moderne Unternehmenskultur aussehen kann, zeigt das Beispiel PEIX. Die Berliner Agenturgruppe entwickelt seit über 30 Jahren Kommunikationslösungen für die Gesundheitsbranche für Start-ups und namhafte Unternehmen der Healthcare-Branche – weltweit. Das interdisziplinäre Team von über 100 Mitarbeitenden verbindet medizinisches Fachwissen und Kreativität und unterstützt Chancengleichheit im Gesundheitsmarkt. Gleichstellung ist hier nicht nur ein Schlagwort, sondern gelebte Praxis. Es gibt keine Gehaltsunterschiede bei gleicher Position, Frauennetzwerke werden unterstützt – und das Management hört zu.
„Unser Geschäftsführer hat mich ganz konkret gefragt, wie wir uns als Unternehmen stärker für Gleichberechtigung einsetzen können. Das war ein wichtiger Moment“, sagt Zietek. Diese Offenheit müsse zur Normalität werden.
Rico Bigelmann für Adlershof Journal