Verwurzelung und Vielfalt
Raúl Comesaña Macias leitet die in Adlershof ansässige BBF Gruppe, ein familiengeführter Zusammenschluss mittelständischer Bauunternehmen

In beliebten Kurzvideos auf Social Media wird oft ein Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Erfolg und Morgenroutinen hergestellt. Schon Benjamin Franklin, der Mann auf dem 100-Dollar-Schein, führte akribisch Buch über seinen Tagesablauf und beschwor die Vorteile frühen Aufstehens. Raúl Comesaña Macias – Geschäftsführer der BBF Bau GmbH – gibt dem amerikanischen Gründervater Recht: „Zeit ist das kostbarste Gut eines Unternehmers. Eine feste Routine bietet mir ein Gerüst, um meinen meist hektischen Alltag zu meistern.“ Zu den aktuellen Aufgaben des Geschäftsführers gehören der Umgang mit der anhaltenden Konjunkturkrise, die auch die Baubranche trifft, die Suche nach talentiertem Nachwuchs und die Integration neuer Firmen in die Unternehmensgruppe.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt die BBF auf regionale Verwurzelung und Vielfalt. Dahinter steckt sowohl eine wirtschaftliche Strategie als auch eine gesellschaftliche Vision. „In Deutschland suchen 700.000 Unternehmen in den nächsten fünf Jahren eine Nachfolge. Viele werden daran scheitern, weil motivierte Leute fehlen.“ Jüngst hat die BBF die JoMi GmbH übernommen und dadurch ihr Portfolio um Landschafts- und Gartenbaukompetenzen erweitert. Comesaña kann durch solche Übernahmen viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten und Abhängigkeiten reduzieren. Fast ebenso wichtig sind seine persönlichen Überzeugungen: „Die regionale Wirtschaft braucht Unternehmerinnen und Unternehmer, die hier verankert sind, hier Gewerbesteuer zahlen, und sie braucht fitten Nachwuchs.“
Gegründet wurde die BBF Gruppe durch Comesañas Vater Jesús, dessen Eltern nach Deutschland kamen, um der Franco-Diktatur zu entfliehen und einen wirtschaftlichen Neuanfang zu wagen – eine klassische Gastarbeiterbiografie. Der Großvater fand Arbeit bei Dunlop in Hanau und schon der Vater konnte studieren und wurde zunächst erfolgreicher Investmentbanker. Raúl Comesaña, der Psychologie und Management studiert hat, hat nun die operative Führung des Unternehmens übernommen.
Die BBF Gruppe verlagerte Ihren Unternehmenssitz in den frühen 2010er Jahren in den Technologiepark Adlershof. „Neben führender Forschung wird oft unterschätzt, wie gut gelegen Adlershof ist“, sagt Comesaña. Zudem biete der Campus Zugang zu jungen Talenten und der boomenden Region im und um den Berliner Südosten. Dort entwickelt und realisiert die BBF aktuell beispielsweise beim Projekt „Zeuthener Winkel Mitte“ eine Wohnbebauung mit zweizügiger Halbtagsgrundschule.
Obwohl Comesaña in Adlershof aufgewachsen ist und bei Bedarf fließend berlinert, sind seine schwarzen Haare und der spanische Name regelmäßig Thema. „Manchmal sage ich dann, dass Raúl eigentlich auf Radolf zurückgeht, altgermanisch für weiser Wolf – ein Zeichen dafür, dass Migration Europa seit Jahrhunderten prägt.“ Nicht unbedingt Worte, die man von einem Bauunternehmer erwartet. Aber Migration ist ein großes Thema, auch und gerade in der Baubranche: „Der Mangel an Fachkräften in unserem Land stellt eine große Herausforderung dar. Wenn dazu noch talentierte Menschen abwandern, haben wir ein echtes Problem.“ Diversifizierung und Zuwanderung seien Teil der Lösung, aber ebenso wichtig sei die Förderung einer Kultur, die Leistung honoriert. „Ob aus Deutschland oder Albanien – ich kenne keinen Maurer, der nicht stolz auf sein Handwerk ist. Doch diese Leistung muss auch gesellschaftlich anerkannt werden. Dann streben Menschen nach Exzellenz.“
Simon Wolff für Adlershof Journal