Wie Quanten kommunizieren
Nanophysiker Günter Kewes macht in der Langen Nacht der Wissenschaften komplizierte physikalische Vorgänge erlebbar
Solarzellen, Handys, MRTs und selbst den Barcodescanner im Supermarkt verdanken wir der Quantenphysik. Deshalb hat die UN-Generalversammlung 2025 zum hundertjährigen Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen das „Internationale Jahr der Quantenwissenschaft und Quantentechnologien“ ausgerufen. Während der diesjährigen Langen Nacht der Wissenschaften engagierten sich so Forscherinnen und Forscher, um vor allem jungen Menschen die Welt der Zahlen und Formeln nahezubringen. Nanooptiker Günter Kewes begeistert seit über zehn Jahren mit Hilfe von innovativen Ansätzen an der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) den Nachwuchs für Physik. In diesem Jahr stellte Kewes Quantenkommunikation vor, im letzten Jahr war es Quantenjazz. Beim Quantenjazz werden Zufallszahlen in Töne umgewandelt. Zur Erzeugung der verwendeten Zufallszahlen wurde der in der Quantenmechanik verankerte „echte“ Zufall genutzt.
Genauer gesagt, werden bei Quantensprüngen Lichtteilchen, sogenannte Photonen, zu zufälligen Zeitpunkten erzeugt. „Bei der Messung mit einer Photodiode werden die Photonen absorbiert. Die Zeiten können in Mikrosekunden oder noch kleineren Einheiten gemessen und in Maschinensprache, also Reihen aus 1 und 0, übersetzt werden. Der Computer verwendet diese Zufallszahlen und ordnet sie sogenannten MIDI-Instrumenten zu“, so Kewes. Diese digitalen Geräte, auch Musical Instrument Digital Interfaces (MIDI) genannt, steuern andere Geräte an, die für die Klangerzeugung verantwortlich sind. Vereinfacht gesagt, wird jeder Zufallszahl eine Note zugeordnet oder ein Zeitpunkt, zu dem sie erklingen soll.
„Damit es nicht ganz so schrille Töne gibt, werden bestimmte Töne in der Software ausgeschlossen. Hörbar sind Piano, Schlagzeug und Bass, aber Melodien sind eher wenig erkennbar. Das Ergebnis ist nicht vorhersagbar.“ In der Physik werden zufällige Energiefluktuationen oder auch Quantenfluktuation vorgestellt, durch die Quantensprünge verursacht werden. Die Unberechenbarkeit der Quantenfluktuation und damit der Quantensprünge haben die Forschenden an Tonabfolgen wie beim Jazz erinnert. „Das ist für mich fast schon der faszinierendste Teil der Quantenwelt, zu merken, wie es im Verborgenen fluktuiert.“ Dabei gibt es noch andere Spielmöglichkeiten. „Statt die Informationen in Töne zu übersetzen, kann beispielsweise auch ein schwarz-weißes Rauschbild erzeugt werden, indem die 1 und 0 in schwarz und weiß oder in Grautöne umgerechnet werden.“ Da seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Kewes Forschungsgebiet ist die Nanooptik, in der er mit leitfähigen Gold- oder Silberstrukturen arbeitet, an denen Licht „kleben“ bleibt: „Metalle haben freie Elektronen, die Licht in Plasmonen, also kollektive Elektronenschwingungen, umwandeln können. Je leitfähiger das Metall, desto geringer die Absorptionsverluste.“ Eine „Plasmonik“-Anwendung sei sogar ziemlich alt: „Bei Kirchenfenstern werden kleine Goldpartikel in Glas eingerührt und wenn Licht darauf fällt, dann streuen diese Metall-Nanopartikel unterschiedliche Wellenlängen des Lichts unterschiedlich stark. Dadurch werden Kirchenfenster bunt.“ Kewes Aufgabe liegt darin, zu beschreiben, wie sich Plasmonen in den Metall-Nanostrukturen verhalten und das Licht von Molekülen oder Atomen manipulieren – zum Beispiel heller leuchten lassen. Die oben erwähnte Quantenfluktuation wird sozusagen durch die Nanostrukturen verstärkt.
Technologisch stößt die Forschung aktuell beim Bau optischer Schaltkreise durch das Beugungslimit an Grenzen. Es ist nicht möglich, Licht auf einen Bereich zu fokussieren, der kleiner sei als eine bestimmte Größe, nämlich etwa die halbe Wellenlänge des Lichts. Das Resultat: „Wenn ich etwas kleiner baue, dann darf ich nicht zu eng bauen, weil das Licht sonst hin- und herkoppelt und dann funktioniert gar nichts mehr.“ Generell sei der große Traum der Plasmonik, dass alles Optische in Zukunft miniaturisiert werden könnte.
Kewes ist Fan der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie aus den 1980er Jahren und hatte beim Vorwort seiner Dissertation über die Untersuchung grundlegender Elemente für die aktive Nanooptik eine Idee. „Ich wollte kein langweiliges Vorwort schreiben und habe dann Parallelen zum Film festgestellt. Ungefähr in dem Jahr, in das die Hauptfigur Marty McFly reist, habe ich die Dissertation eingereicht. Also habe ich überlegt, ob es die Erfindungen, die gezeigt werden, schon gibt.“ Unter anderem große Bildschirme, die in den 80er Jahren noch undenkbar waren, existierten tatsächlich. Auch deshalb weiß Kewes: Was vorstellbar ist, kann irgendwann Wirklichkeit werden.
Susanne Gietl für Adlershof Journal