Blaupause für klimaresiliente Technologiequartiere
Ein Masterplan zur Klimaresilienz soll Adlershof, aber auch andere Standorte für die Zukunft rüsten
Der Klimawandel ist da. Höchste Zeit, den Technologiepark für die Zukunft zu rüsten. Wie, wird gerade unter der Ägide der WISTA erarbeitet. Es entsteht ein Masterplan zur Klimaresilienz, von dem auch andere Standorte profitieren werden.
Auch in diesem Jahr erreichen wir neue Hitzerekorde, plagen uns Dürren, gefolgt von Starkregen. „Die fünf heißesten Jahre in Adlershof seit Beginn der Wetteraufzeichnung fallen in die vergangenen sechs Jahre. Klar ist: Es wird immer schneller immer wärmer“, zitiert Stefan Bschorer vom Team Innovation der WISTA Management GmbH eine Studie. Er koordiniert Projekte, die den Technologiestandort klimaresilienter machen sollen.
„Ziel ist, einen Masterplan zu entwickeln, der aufzeigt, welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, damit Adlershof auch künftig noch ein Ort ist, an dem es sich gut leben, studieren und arbeiten lässt“, erklärt Bschorer. „Dazu müssen wir nicht nur ermitteln, wie wir die Energieversorgung künftig klimaneutral und resilient aufbauen, sondern zum Beispiel auch, wie wir die Temperatur am Standort regulieren oder das Regenwasser managen.“ Ein Technologiequartier wie Adlershof lebe davon, dass Menschen zusammenkommen, nicht nur weil das die Arbeit in Laboren erfordert, sondern auch um kreativ zu sein.
Wie das ohne Einschränkungen auch künftig gelingen kann, sollen zwei Forschungsprojekte zur Klimaanpassung aufzeigen: Den Rahmen steckt das Projekt „Transformation zum klimaresilienten Technologiequartier (TransformResQ)“. Das zweite Projekt namens „Resilientes Energiesystem für Technologiequartiere (ResQEnergy)“ adressiert die zukünftige Energieversorgung in Adlershof. Die beiden Vorhaben werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit insgesamt 2,8 Millionen Euro gefördert. Bis Ende 2027 soll der „Masterplan für ein klimaresilientes Technologiequartier“ stehen und auch auf vergleichbare andere Quartiere anwendbar sein.
Projektpartner sind die Technische Universität Berlin, die Hochschule Neubrandenburg, das Adlershofer Reiner Lemoine Institut sowie der örtliche Energieversorger, BTB-Blockheizkraftwerks, Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin.
Wenn, wie beabsichtigt, die Maßnahmen des Masterplans ab 2028 umgesetzt werden, dann wird dabei unter anderem auch eine Verbesserung der „blau-grünen Infrastruktur“ anstehen, also Regenwasser besser genutzt und mehr schattenspendende, kühlende Begrünung auf dem Programm stehen. „Eine zentrale Rolle spielen Speicher, um erneuerbare Energien flexibler nutzen zu können“, betont Bschorer.
Hier ist die BTB gewissermaßen bereits in Vorleistung gegangen. „Unser Aquiferspeicher ist fester Bestandteil der zukünftigen Adlershofer Wärmeversorgung“, sagt Sebastian Fasbender vom Projektteam GeoSpeicherBerlin, der am Klimaresilienz-Projekt der WISTA beteiligt ist. Aquifere sind wasserführende Schichten des Untergrunds, die als Wärmequelle und als Wärmespeicher genutzt werden können. „Gemeinsam mit unseren Partnern, dem GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung und der Technischen Universität Dresden, entwickeln wir die bewährte Aquiferspeicher-Technologie so weiter, dass zukünftig auch hohe Temperaturen unterirdisch eingespeichert und dem Fernwärmenetz zur Verfügung gestellt werden können“, so Fasbender.
Bis Ende 2027 soll der GeoSpeicherBerlin in Betrieb gehen und in rund 400 Meter Tiefe eine Wärmekapazität von rund 30 Gigawattstunden aufweisen. Im Sommer wird dann überschüssige regenerative Wärme aus dem Holzheizkraftwerk Neukölln sowie perspektivisch aus weiteren Wärmequellen eingespeichert, im Winter mit einem großtechnischen Wärmepumpensystem wieder entnommen und damit ein weiterer Teil fossiler Brennstoffe der BTB-Fernwärmeversorgung verdrängt. Für Fasbender ist klar: „Keine Klimaresilienz ohne Speicher. Wenn die geologischen Voraussetzungen passen, sind Aquiferspeicher dabei auf Grund ihrer hohen Speicherkapazität bei geringem Flächenverbrauch eine spannende Option.“
Doch wie viel Energie, woher und welche wird das Quartier künftig benötigen? Daten und Szenarien dazu erhebt gerade das Reiner Lemoine Institut (RLI). „Wir ermitteln nicht nur die aktuellen Strom-, Wärme- und Kältebedarfe, sondern erstellen eine Energiesystemmodellierung für 2050, die klimaneutral ist“, erklärt Mascha Richter, Bereichsleiterin Transformation von Energiesystemen des RLI.
Darin fließen unter anderem ein weiteres Wachstum des Quartiers, steigende Kältebedarfe aufgrund der Klimaerwärmung, lokale Klimaprognosen und ein verändertes Nutzungsverhalten der Menschen ein. „Kernfragen sind, wie viel erneuerbare Energie aus welchen Quellen der Standort beisteuern kann und welche Speichertechnologien den erhöhten Einsatz von Erneuerbaren unterstützen können“, betont Richter. Auch wenn es noch zu früh für konkrete Ergebnisse ist, mehr Photovoltaik, Eisspeicher, Wärmepumpen und möglicherweise Aquifere werden bestimmt zum künftigen klimaresilienten Technologiepark zählen, erwartet Richter.
Schon jetzt spielen für die klimaneutrale Wärmeversorgung zwei Flusswasserwärmepumpen am BTB-Standort Schöneweide eine Rolle: „Sie entziehen der Spree, die direkt an unserem Heizkraftwerk vorbeifließt, Wärme, um dieses in den Heißwasserkreislauf des rund 170 Kilometer langen Fernwärmenetzes der BTB einzuspeisen“, erläutert Maximilian Zoschke, Experte für Zukunftstechnologien und Leiter Dekarbonisierung der BTB. Das Pionierprojekt ist Teil zweier innovativer Kraft-Wärme-Kopplungs-Systeme, die in der Region bisher einmalig sind. „Kraft-Wärme-Kopplung, Aquiferspeicher, Flusswasserwärmepumpen – innovative Wärmetechnologien machen die Fernwärme insgesamt flexibler, nachhaltiger und damit resilienter. Für die Menschen in Adlershof und Berlin“, unterstreicht Zoschke.
Chris Löwer für Adlershof Journal